Herzläufer-Support über 10km

Beim Kö-Lauf am 3.9.2017 wurden viele sportliche Höchstleistungen erzielt – eine davon möchten wir an dieser Stelle besonders hervorheben: Die von Ralf Schmidt. Ralf ist ein unglaublich starker, sympathischer und humorvoller Mensch – und er ist fast blind. Mit Unterstützung unseres Herzläufers Carsten hat er die 10km-Distanz des Kö-Laufs gefinisht und damit allen gezeigt, was möglich ist, wenn man es will und an sich glaubt.

 

Aufregung und Unsicherheit am Anfang

 

Vor dem Start waren die beiden ganz schön aufgeregt. Carsten wusste nicht, ob er alles richtig machen wird und wie Ralf auf der Strecke auf seine Führung reagieren wird. Ralf wusste nicht, wie die Strecke aussehen wird – wo geht es rauf, wo geht es runter, wo sind Hindernisse – würden seine „Augen“ ihn rechtzeitig vorwarnen? Sicherheitshalber haben die beiden sich ganz hinten im Starterfeld einsortiert, um beim Massenstart nicht mitten in der Menge laufen zu müssen. So liefen die beiden mit als letzte über die Startlinie.

 

Einmal auf dem Kurs hat Carsten Ralf zunächst an einer Art „Seil“ geführt, wie sie es zuvor einige Male geübt hatten. Aber was auf dem Sportplatz gut geklappt hat, stellte sich schnell als schwer praktizierbar heraus: Ralf kannte die Strecke nicht, verschiedene und immer wieder wechselnde Bodenbeläge wie Asphalt, feiner und grober Splitt oder in den Boden integrierte Roste stellten die beiden genauso vor  nicht eingeplante Probleme wie Pöller, die gefühlt aus dem Nichts auftauchten, oder Kurven, die auf einmal nicht nur links herum sondern in beide Richtungen führten. Mit dem Seil war die Distanz einfach zu groß.

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Foto: Kerstin Koester

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Problemlösung „on the Road“

 

Kurzerhand hat Ralf sich bei Carsten leicht eingehakt, was das Führen leichter machte. Prompt tauchte das nächste Problem auf: Es war warm und beide schwitzten, so dass Ralf an Carstens Arm immer wieder abgerutscht ist. In diesem Moment hat sich das Herzlauf-MuFuTu mal wieder als die Lösung schlechthin erwiesen und einmal mehr gezeigt, dass MuFuTu verbindet. Carsten hatte es sich um den Arm gewickelt und Ralf konnte den Kontakt gut halten, indem er die Hand auf das MuFuTu legte, statt direkt auf den Arm.

 

Nach und nach liefen die beiden immer sicherer. Auf der 2. Runde des 5-km-Rundkurses hat Ralf seine Stärken richtig ausspielen können und hat Kurven, Hindernisse und alle möglichen Besonderheiten der Strecke schon immer im Voraus angekündigt. Wir „normalen“ Läufer glauben ja gern, dass wir – wenn wir eine Runde mehrfach laufen – mit jeder Runde mehr die Strecke immer besser kennen. Aber das ist kein Vergleich zu den sagenhaften Fähigkeiten, die Blinde hier an den Tag legen, auf die sie oft sogar angewiesen sind. Mit seinen Ansagen hat Ralf auch seinen Laufpartner Carsten unterwegs immer wieder verblüfft.

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Foto: EyeBite

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Die Reaktion der „anderen“ auf dem Weg zum Ziel

 

Von Beginn an haben die Zuschauer am Rand der Strecke unserem Herzlauf-Team ihre Anerkennung und ihren Respekt für die gezeigte Leistung oder einfach nur für die Tatsache, dass sie sich nicht verstecken, sondern demonstrieren, was auch in gehandicapten Menschen steckt, gezeigt. Sie haben die beiden durch Rufe und Klatschen angefeuert. Das war am Anfang zwar etwas irritierend, aber irgendwie auch schön und es macht stolz. Einige kannten Carsten sogar und haben seinen Namen gerufen.

 

Als die ersten schnelleren Läufer anfingen, die beiden zu überrunden, gab es zwar einige gestresste Zurufe, man solle zur Seite gehen, aber das waren nur sehr wenige. Wo hätten die beiden so schnell auch hinspringen sollen – am Ende ging es ja auch darum, dass Ralf mit seiner Einschränkung gut und sicher weiterlaufen kann. Die meisten waren aber richtig gut drauf, haben – wie man es von Sportlern kennt – mehr Rücksicht genommen und sie sogar angefeuert und ihre Anerkennung zum Ausdruck gebracht. Auch die Tatsache, dass sie noch einen Läufer eingeholt haben, tat der Seele richtig gut.

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Foto: Philipp Hympendahl

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Nach sehr guten 1:27:01 Stunden haben die beiden knapp vor dem Besenfahrrad die Ziellinie überquert. Auf der Zielgeraden standen schon die Sportler, die den Halbmarathon laufen wollten, um sich in den Startblock einzufädeln. Als unser Herzlauf-Team kam und sie registrierten, in welch besonderer Konstellation die beiden unterwegs waren, haben sie eine Gasse frei gemacht und unsere Sieger der Herzen ins Ziel gejubelt. „Heute fühle ich mich richtig wertvoll. Es ist ein tolles Gefühl, sich selbst so zu spüren“. Das hat Ralf nach dem Zieleinlauf zu Carsten gesagt und das ist – so glaube ich – eines der schönsten Dankeschöns, die man für seine Hilfe bekommen kann. Carsten sagte kurze Zeit später zu Ralf „Ich hab deine Behinderung nach einer gewissen Zeit überhaupt nicht mehr wahrgenommen“, worauf Ralf erwiderte „Das ist schön – ich auch nicht“.

 

Dies ist ein wunderbarer Schlusssatz und ich möchte dem nur noch hinzufügen, dass jeder die beiden bei Interesse an dem Thema ansprechen kann. Es ist ein großes Anliegen von Ralf, andere zu ermutigen es ihm gleich zu tun. Unser Ralf und Carsten Team möchte zukünftig häufiger an Volksläufen teilnehmen, wenn es ihre Zeit und die Umgebung zulassen. Geplant sind im Moment der Hildanus-Lauf im September sowie der Martinslauf im November. Über unseren super-geheimen Venloop-Deal berichten wir, wenn es soweit ist – aber vermutlich werdet ihr die beiden auch dort zusammen laufen sehen.

 

ein Beitrag von Kerstin Koester

 

Titelbild: Philipp Hympendahl

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